kreativemanu
natürlich, frech


Hallo Leben

Willkommen in einem Teil meines Lebens...



Die kreativemanu-Webseite zeigt einen Ausschnitt meiner Tätigkeiten.


Im folgenden Text fasse ich meine jüngste Auseinandersetzung mit dem Thema Leben zusammen.


Nachdem ich mich meinem eigenen Tod mit Probeabschieden und Probe-Aufbahrung angenähert hatte, inszenierte ich Anfang 2025 eine Ausstellung zum Thema Leben.

Eine Retrospektive zeigte meine Sicht der Welt und Ausschnitte aus meinem gestalterischen Leben. Vier Etappen an vier Wänden. Zeichnungen aus meiner Kindheit und Jugend, Bilder von meiner Ausbildungszeit an der Schule für Gestaltung und zur Stickerei-Entwerferin, Flyer mit einer Bilder-Auswahl aus Ausstellungen und neue Werke.
Die Vorbereitungsphase dauerte 9 Monate - symbolisch perfekt für ein gelungenes Leben! Allerdings war sie geprägt von Unsicherheiten und Missverständnissen, so dass ich oft um mein "Leben" bangen musste. Der Kampf hat sich gelohnt, aus den Rückschlägen entstanden oft neue Ideen. Anstatt den Tod als Thema in die Räumlichkeiten zu integrieren, so wie das vorerst meine Idee war, bettete ich die Ausstellung "Leben" zwischen Willkommen / Geburt (Vernissage) und Goodbye / Tod (Finissage). Der Kompromiss mit dem Datum, entpuppte sich als gelungen. Am 14. Februar - Valentins-Tag, Tag der Liebe - den Auftakt ins "Leben" zu feiern, schien mir passend. Hinter der Garderobe versteckt, symbolisierte mein Lenticular-Bild mit Vulva und Penis den Ursprung des Lebens. Im Türrahmen eine schwere rosa Decke und ein roter Vorhang als Tor ins Leben. Gebärmuttergeräusche bildeten an der Vernissage einen Klangteppich und die Ballone "Hurra / ein Mensch" waren noch prall gefüllt - der eine von der Decke hängend, der andere zur Decke steigend. Zum Knabbern habe ich meine Vulva-Guetsli und Puzzle-Mailänderli gebacken und Dancer-Chips serviert. Zur Gesamtinstallation gehörte ein Wiesenimitats-Stoff, der den gesamten Boden zur Spielwiese des Lebens machte. Es gab Kunst zum Fixpreis, zum Bieten und solche deren Preis bis zum letzten Tag kontinuierlich gegen null Franken sank. Ein Plakat von einem Unterwäsche-Model mit meinem Design gab ich gratis und ein paar Werke waren Privatbesitz. Ich liess ein Buch aus meinem Blog «Reflexionen» produzieren und bestellte Bilderbüchlein mit meinen Zeichnungen von Yonis und Lingams.
Im Prozess der Entstehung habe ich mich mit meiner eigenen Identität auseinandergesetzt. Ich hatte in meinem Leben drei Nachnamen. Bis nach meiner Ausbildungszeit signierte ich meine Bilder mit meinem Mädchennamen Auer, als verheiratete Bertschinger reduzierte ich meine Bilderunterschrift auf manu und meinem selbst gewählten Nachnamen Stauffacher widmete ich zwei Rahmen. Eine Bleistiftzeichnung meines Grossvaters Fritz Stauffacher, geboren 1919 und die offizielle Urkunde mit der Bestätigung des geänderten Namens im Jahr 2020. Zur Verdeutlichung klebte ich während der Ausstellungsdauer noch die zwei Identitätskarten dazu. Begleitet wurde ich in den wichtigsten Etappen meines Lebens durch das Symbol des Baums. Zur Eingangstür hängte ich das Foto eines jungen Baumes, der aus einem abgestorbenen Baumstrunk herauswächst, welches ich zu meiner Konfirmation bekam. In der ersten Ortschaft, wo ich mich zu Hause fühlte, thronte eine Linde auf dem Wappen. Von der Linde in natura machte ich ein Foto für die Bleistiftzeichnung in der Ausstellung. Als dann bei der Fusion mit Nachbarsgemeinden der Baum im Wappen durch ein einzelnes Blatt ersetzt wurde, zog es mich bald darauf in die Gemeinde mit drei Tannen als Wahrzeichen. Ihr zu Ehren entstand die Zeichnung ab einem Foto, als noch die dritte Tanne vor der reformierten Kirche stand.
Ein zentraler Platz bekam mein erstmals öffentlich gezeigtes Handy-Objekt, welches mit seinen vier Quadratmetern präsent Raum einnahm. Aus einem gescheiterten handyfreien Experiment entstand eine gestalterische Auseinandersetzung. Mit verschiedenen Materialien und Techniken ehrte ich seine enorme Vielfältigkeit und rückte gleichzeitig den Genuss differenzierter Oberflächen in den Fokus, der bei der Berührung eines Bildschirmes verloren geht. Das Objekt lädt mit einer Fläche voller Jeanstaschen ein, das eigene Handy während des Besuches ausgeschaltet zu deponieren. Auf der freien Rückseite fanden die selbst gestalteten Flyer Platz.
Als Wiedererkennungseffekt bezüglich meiner letzten Ausstellung, verwendete ich für die Ausschreibung denselben schlichten Rahmen um eine weisse Fläche. Damals habe ich zu «Vereinigung der Polaritäten» eingeladen und durfte als Flyer und Plakat das geplante Bild nicht verwenden. Den Leerraum auf den Plakatständern nutzte ich dann spontan für Aktionskunst. Diesmal wollte ich die Bevölkerung einladen, sich mit der Frage: «Was macht Leben für dich aus?» zu beschäftigen. Ich musste dem Team vom Werkdienst versprechen, dass ich die Plakatständer putze, falls durch die von mir angebrachten Filzstifte Schmierereien entstehen würden. Ich war beeindruckt von den vollgeschriebenen Plakaten, die ich vor Ende der Ausstellung im Werkhof abholen durfte. Als ich sie zu der Rahmenveranstaltung «ZuhörRunde» vor dem Museum platzierte, baten drei Knaben darum, sie wieder aufzustellen. Im Gespräch mit ihnen wurde mir wieder mal bewusst, wie wichtig es ist, gesehen und gehört zu werden. Die Idee mit dem Flyer war ähnlich. Individuell gestaltete Flyer fanden während der gesamten Ausstellungdauer ihren Weg in den Raum und an das Handy-Objekt – bis die Fläche voll war.
Für ein lebendiges Miteinander hatte ich ein Rahmen-Programm zusammengestellt. Während der Ausstellungdauer malte ich im Museum an einem Bild und habe zweimal eingeladen mit mir kreativ zu sein. An zwei Abenden fand eine ZuhörRunde statt und nach der Finissage trafen sich Menschen der Umgebung, um Angebote vorzustellen und sich zu vernetzen. So fand Leben statt - mit Austausch, Begegnung und gemeinsamem Wirken rund um eine Retrospektive, die für ein gelebtes Leben steht.

Der Tod wurde als Auftakt in die Öffentlichkeit verlagert. Knapp zwei Wochen vor der Vernissage, fand meine erste Probe-Aufbahrung unter dem Titel «Public Viewing» statt. Zu meiner Genugtuung fragten Besucher der Ausstellung vor der Museumsleitung, wieso ich diese Kunst-Aktion nicht in die Ausstellung integrierte. Ein Sarg im Museum war dem Komitee ungeheuer, sie wollten das Thema Tod vermeiden. Dass der Gemeinderat aufgeschlossener gegenüber der Sensibilisierung rund um das Tabuthema sein würde, konnten sie nicht ahnen. Schlussendlich bin ich froh, wurde der Tod nicht im Museum «versteckt».
Eine kleine Goodbye-Inszenierung gab es dann an der Finissage. Der Vorhang beim Eingang wurde entfernt und das Handy-Objekt in den Korridor verfrachtet, weil es beim Sterben seine Wichtigkeit verliert. Die grosse Zeichnung mit einer geflügelten Rückansicht sah man während der Ausstellung nur von aussen. Die Wand liess sich im rechten Winkel in den Raum ausklappen, dass eine Nische mit Fenster entstand, wo ich unter dem «Engel» einen kleinen Altar zum Thema Sterben installierte. Darauf meine Urne, eine Sanduhr, den Text «Sterben», einen trockenen Blumenstrauss, ein antiker Kerzenständer und die Streichholzschachteln mit Fragen um Leben und Tod. Mein selbstgesungenes Abschiedslied, welches während der Ausstellung mit Kopfhörern zu hören war, ertönte im Lautsprecher und ich legte mich ein paar Schweigeminuten lang auf ein braunes Tuch, auf meinem Brustkorb getrocknete Rosen.


Für mich gehört es zum Leben, über den Tod zu sprechen und ihn als Teil unserer Erfahrung auf der Erde anzuerkennen. Ich finde er sollte in unserer Kultur wieder sichtbarer werden, damit wir einen natürlicheren Umgang mit ihm finden.


So unterschiedlich wir leben, so unterschiedlich sterben wir.




Willkommen in einem anderen Teil meines Lebens: fliessendleben...